(Religiöser) Fanatismus

von Simon Chedid

Die Bedeutung dieses Begriffs scheint klar sein, da jeder von diesem eine konkrete Vorstellung hat. Sei es die Terrororganisation „Islamischer Staat“ oder seien es die radikalen israelischen Siedler im besetzten Westjordanland. Nur, wo setzt man die Grenze zum gemäßigten Glauben? Schließlich ist z. B. die Beschneidung von Jungen in vielen Kulturen weit verbreitet. Eltern lassen dabei an ihren Kindern einen operativen Eingriff mit möglichen Komplikationen und irreversiblen Folgen vornehmen. Ohne medizinische Indikation. Ohne Rücksichtnahme auf die Entscheidungsfreiheit ihrer Söhne. Sind solche Eltern Fanatiker? Wenn dies zuträfe, so gelte dies dann vermutlich für mehr als eine Milliarde Menschen auf der ganzen Welt. Dabei haben sie nicht vor, die jeweilige öffentliche Ordnung zu stören oder gar Gottesstaaten zu errichten. Ist nun die Inkaufnahme gesundheitlicher Folgen für das Kind zugunsten des Glaubens der Eltern hinnehmbar? Eine scheinbar schwierige Frage, jedoch ist sie eindeutig zu beantworten. Man stelle sich vor, dass z. B. eine Mutter ihren Sohn, der noch nicht das Teenageralter erreicht hat, einer Schönheitsoperation unterziehen lässt. Bei einem solchen Fall wäre der Aufschrei groß. Wie kann sie ihn potenziell einschneidenden Risiken aussetzen, obwohl hierfür keine Notwendigkeit besteht? Das ist richtig. Nur warum wird das bei der Beschneidung hingenommen? Vielleicht liegt das daran, dass die Traditionen der eigenen Kultur unabhängig einer rationalen Beurteilung eher als normal und damit nicht extremistisch betrachtet werden. Das macht die angemessene Verwendung des Begriffs „Fanatismus“ komplex und schwierig. Man darf jedoch nicht voreilig den Schluss ziehen, dass das beschriebene Phänomen ausschließlich in religiös geprägten Gesellschaften auftritt, denn auch in Deutschland ist z. B. der allgemeine Umgang mit Alkohol problematisch. Alkoholhaltige Getränke sind im Alltag omnipräsent. Sei es beim Treffen mit Kollegen zum Fußball schauen oder Zelebrieren von Geburtstagen. Das Bier steht wie selbstverständlich neben den Snacks und den anderen Drinks. Angesichts der Sucht- und Gesundheitsgefahr durch den Alkohol ist diese Normalisierung kritisch zu betrachten. Man muss hierbei das Vorhandensein von Alternativen hervorheben. Es gibt nämlich die Möglichkeit Mineral- oder Leitungswasser, Säfte, Schorlen oder eine Cola zu trinken. Auf der einen Seite sind sowohl zucker- als auch kohlensäurehaltige Getränke gerade in großen Mengen gesundheitlich nicht unproblematisch. Auf der anderen Seite bieten sie Geschmack mit dem Verzicht auf Drogen.