#Superliga

André Hagl-Wimmer

Es ist eine Frage, die immer noch nicht beantwortet ist und wohl einige Menschen interessiert. Nein, es ist nicht die Frage, wie Donald Trump so deutlich Präsident der Vereinigten Staaten werden konnte, sondern ob nach der öffentlichen Aussage von European Club Association (ECA) Führer und Bayern Präsidenten Karl-Heinz Rummenigge bald eine Europäische Superliga eingeführt wird.

Zwischen 16 bis 24 Topclubs aus ganz Europa bilden eine eigene Liga, die oberhalb der Champions und Europa League einzustufen wäre.

So würde es wöchentlich zu absoluten Traumpartien wie Bayern München gegen Barcelona und Real Madrid gegen Manchester City kommen, was gleichzeitig für jene Clubs mehr Einnahmen bedeuten würde. Der erste Eindruck scheint also ziemlich vielversprechend.

Während sich Sportgrößen wie Pep Guardiola (Manchester City Trainer) und der Besitzer des NFL-Teams Miami Dolphins die Superliga durchaus vorstellen könnten, haben sich der ehemalige FC Bayern Profi Mario Basler und der ehemalige Vfl Bochum Trainer Peter Neururer dagegen ausgesprochen. Dabei plädiert Basler für eine Investition in die Europa League, und Neururer sorgt sich um den Verbleib der Teams, die nicht in der Superliga spielen dürfen.

Eine Abwägung, ob diese Geldgrube namens Superliga als sinnvoll zu erachten ist, ist deshalb von Nöten.

Ein Begriff, der im Zusammenhang mit der Einführung einer Superliga erwähnt werden muss, ist Competitive Balance (CB). Diese CB ist eng mit der „Uncertainty of Outcome“, was so viel wie „die Ungewissheit des Ausgangs“ heißt, verbunden. Sie misst also den Wert, wie ungewiss der Ausgang einer Liga ist. Eine Liga, die also nicht von einer Elitegruppe an Clubs dominiert wird, hat folglich einen hohen CB-Wert. Demnach kann man sich vorstellen, dass der CB-Wert der Deutschen Bundesliga in den letzten Jahren sicherlich keine Rekorde gesprengt hat. Da eigentlich bei der schieren Dominanz des FC Bayern die Frage nicht lautete, wer Deutscher Meister wird, sondern wann der FC Bayern Meister wird, hat die Attraktivität der Bundesliga und folglich auch der CB-Wert nachgelassen. Würden in Folge der Superliga deutsche Top-Clubs wie der FC Bayern München, Borussia Dortmund, Bayer Leverkusen und Schalke 04 von der Bundesliga austreten, würde die Spannung, wer denn deutschen Meister wird, drastisch steigen, und somit auch der CB-Wert der deutschen Bundesliga.

Das würde auch vielen Vereinen helfen, aus der Schuldensackgasse herauszukommen. Unter den Top 10 Vereinen Europas schreibt nur der FC Bayern München schwarze Zahlen. Der Gesamtwert an Schulden dieser 10 Vereine beträgt 3,8 Milliarden. Doch eine Insolvenz dieser Vereine ist nicht zu befürchten, weil sie einen zu großen Verlust für den Fußball bedeuten würde. Sie sind sozusagen „too big to fail“. Bei kleineren Vereinen insbesondere in England, Spanien und Italien ist die Schuldensumme zwar nicht so groß, aber dafür ist die Gefahr gegeben, dass sie irgendwann Insolvenz anmelden müssen. Als wäre das nicht genug, haben die kleinen Clubs mit der ungleichmäßigen Verteilung von Kapital zu kämpfen. Durch die geringe Chance an Geld zu kommen, tritt häufig auch der sogenannte Fahrstuhl- oder Jojo- Effekt ein, der besonders finanzschwache Vereine trifft. Dieser Effekt bezeichnet den Vorgang, dass Vereine aus der 2. Liga aufsteigen, nur um in der Folgesaison wieder abzusteigen. Insbesondere die Champions League ist schuld an der großen finanziellen Lücke zwischen den Top-Clubs und den anderen Vereinen, da schon bei einem Viertelfinaleinzug eine 30 Millionen Euro Prämie winkt. Dieser Sieg wird in der Europa League mit nur einer Millionen belohnt. Wie bereits zuvor erwähnt, besteht bei einem Austritt der Top-Clubs für andere Vereine die Möglichkeit, international (Europa League und Champions League) zu spielen. Sollten nun neue Vereine die Champions League erreichen, würde ihnen das sicher helfen, endlich mal wieder schwarze Zahlen zu schreiben.

Die Behebung der eben erwähnten Probleme des Europäischen Fußballs lässt die Einführung der Europäischen Superliga durchaus sinnvoll erscheinen. Auch würde der CB-Wert nicht nur in den nationalen Ligen sondern auch in der Superliga wesentlich steigen, weil in der Superliga die finanzkräftigsten und folglich auch spielstärksten Mannschaften aufeinander treffen würden. Eine Kompensierung des Verlustes der Top-Clubs wäre, dass kleinere Vereine Meisterschaften gewinnen könnten. Ich würde einen Deutschen Meister namens FC Augsburg sehr willkommen heißen, da dieser Verein es in den letzten Jahren geschafft hat, sich in der Bundesliga zu etablieren und somit dem erwähnten Fahrstuhl- oder Jojo-Effekt zu entgehen.

 

So logisch und sinnvoll die aufgezeigten Argumente auch sind, genauso kritisch sollten folgende Punkte betrachtet werden:

Die CB in der Superliga mag sich durchaus von der CB in der Bundesliga unterscheiden. Doch auch zwischen den Top-Clubs gibt es erhebliche ökonomische Unterschiede wie beispielsweise Merchandise-, Commercial- oder Broadcast- Einnahmen. Damit kann auch in der Superliga eine Elite festgelegt werden. Dazu würden Real Madrid, der FC Bayern, Manchester United und der FC Barcelona gehören, deren Gesamteinkommen bei über 350 Millionen Euro liegt. Folglich ändert sich die Competitive Balance auch in der Superliga, sollte diese Elite Jahr für Jahr die Meisterschaft dominieren.

Zusätzlich zu erwähnen ist, was aus den nationalen Ligen wird, wenn diese ihre Top Teams verlieren. Denn sollten jene Teams ihren Kader nicht erweitern, ist nur der Abgang aus der nationalen Liga möglich, da die ohnehin schon große Doppelbelastung durch Länderspiele, Pokal- oder Champions League-Spiele einen dritten Wettbewerb in der Woche unmöglich macht. Ist die Bundesliga noch dieselbe, wenn wir uns nicht mehr auf Klassiker wie Bayern gegen Dortmund freuen können? Was würde aus dem elitären Ruhrpott-Derby werden, wenn der Fall eintreten sollte, dass Schalke 04 gar nicht in die Superliga aufgenommen wird? Es sind logischerweise nur eine begrenzte Anzahl an Clubs aus einem Land zugelassen. Sollten wir uns von den Aushängeschildern der nationalen Ligen verabschieden, wird ein Wandel unausweichlich sein.

Ein gänzlich anderer Aspekt ist der gesetzliche. Wäre eine Superliga rechtlich gesehen überhaupt möglich? Artikel 86 des EU-Rechtes verbietet es einer sportlichen Organisation sich eine vorherrschende Stellung zur missbräuchlichen Regulierung des Marktes anzueignen. Nur die UEFA ist von dieser Regel ausgeschlossen. Die EU hat eine gewisse Vormachtstellung der UEFA als notwendig angesehen, um die Funktionalität des europäischen Fußballs zu wahren. Da allerdings schon Gerüchte kursieren, dass die Superliga als geschlossene Gesellschaft auftreten wolle, in der es etwa wie in der NFL oder der NBA keinen Auf- und damit auch keinen Abstieg gibt, würde in diesem Fall Artikel 86 in Kraft treten. Da eine Superliga ja über der Champions League und weit über der Europa League stehen würde, ist eine Vormachtstellung zu befürchten. Eine wahre Hürde für die Superliga. Dies hat Karl-Heinz Rummenigge der EU-Kommission indirekt auch vorgeworfen, als er in einem Interview den Wunsch geäußert hat, dass die Kommission den Fußball unterstützen und ihm nicht im Weg stehen solle.

Doch weg vom Gesetz und hin zum Mensch. Was hat eine Superliga für Auswirkungen auf den Fußballfan? Durchaus große. Barca (Barcelona) gegen Bayern. Manchester gegen Bayern. Eine Woche später nach Mailand. Und wieso nicht gleich noch einen Abstecher nach Portugal? Selbst wenn zwischen diesen Partien jede 2. Woche ein Heimspiel stattfindet, kann ein bescheidener Fußballfan kaum jede zweite Woche in ein anderes Land reisen, nur um seine Lieblingsmannschaft zu unterstützen. Schon im eigenen Land hin und her zu reisen, ist nicht jedem Fußballfan möglich. Und solange nicht mehrere unbenutzte Stadien, die genug Kapazität für weit über 50.000 Fußballfans bieten, gefunden werden können, und keine neuen Stadien gebaut werden sollen, wobei hier der Geld- und Zeitaspekt zu beachten wären, bleibt dem Fußballfan nichts anderes übrig als das Spiel nicht live, sondern nur im Fernsehen zu betrachten. Hier wiederum ist noch unklar, wer die Superliga übertragen wird, sollte es jemals dazu kommen.

Schlussendlich sind diese Einwände durchaus schwerwiegend, weshalb einer Superliga zunächst wohl ein Riegel vorgeschoben werden sollte. Ein vernünftiges Konzept und mehr Klarheit über die Superliga sind von Nöten. Wer und wie viele beispielsweise teilnehmen, wo Spiele stattfinden sollen, wer sie überträgt, ob die Nah- und Fernverbindungszüge die Superliga durch verbilligte Fahrten unterstützen oder wie die gesetzliche Lage aussieht. All das sollte erst geklärt werden. Dann ist die Superliga etwas, was viele Zuschauer anziehen und  höhere Einnahmen für die Clubs bedeuten würde. Somit wäre es eine Win-Win Situation sowohl für Fans als auch für Clubs.