Vom Gentleman zum Genderwahn

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Daniel Plotetzki

Ob man nun über die Versuche der Schweden, ein gendergerechtes Schneeschippen durchzuführen, spottet, oder dem Papst bei seinem Besuch im Kaukasus lauscht, wie er Frankreich eine „hinterlistige Indoktrinierung mit der Gendertheorie“ im Bildungssystem und vor allem an Schulen unterstellt. Unter dem Strich wird man nicht um den Umstand herumkommen, dass gendergeprägte Inhalte immer mehr an Relevanz gewinnen.

Wo die Menschen in den 50gern noch davon ausgegangen sind, dass Frauen eine klar definierte Rolle als Hausfrau innehaben, so steht heute unmissverständlich ein selbstzentrierter Individualisierungsdrang im Mittelpunkt. Wieso auch nicht? Jeder, ganz unabhängig von dem biologischen Geschlecht, sollte die Möglichkeit haben, seine Ziele und Träume zu verfolgen und eventuell auch zu verwirklichen. Doch wie weit soll dieses Spiel denn getrieben werden? Dass Frauen nicht mit Frauengold ruhiggestellt werden sollten, wenn mal wieder die Menstruation an die Tür klopft, wissen wir heutzutage und werden uns natürlich mit einem Schmunzeln im Gesicht über damalige Verhältnisse belustigen. Oder aber sie scharf verurteilen.

Die Frau musste eine lange Zeit für ihr Wahlrecht kämpfen. Auch dies ist heute zumindest in den demokratischen Industriestaaten erledigt.

Wir befinden uns in einer Zeit, in der die Grundgesetze unter anderem unsere Menschenwürde, Freiheit und Selbstverwirklichung schützen.

Wir sind frei von augenscheinlicher Unterdrückung und müssen keine Angst mehr davor haben, unsere sexuelle Orientierung oder Religion auszuleben. Wenn der in Deutschland lebende Bürger heutzutage noch auf die Straße geht, dann ist er entweder stark links, stark rechts oder vollkommen desorientiert. Auch wenn es noch viele Baustellen gibt (siehe BER, FOS/BOS Augsburg), leben wir doch in einem Land, das zumindest dem Großteil der Bevölkerung Glück und Zufriedenheit im Leben bietet. Doch was macht der/die deutsche Bürger/in, wenn er/sie nichts mehr hat, worüber er/sie sich beschweren kann? Richtig. Er/Sie sucht sich etwas Neues, worüber er/sie lamentieren kann.

 

Willkommen im sprachlichen Geschlechterdschungel

Doch woher rührt eigentlich diese Unzufriedenheit zum Beispiel mit unserer Sprache? Immer wieder „hängen“ sich Komillitoninnen an Worten wie „Student“ auf, der ja ganz offensichtlich maskulin ist. Deshalb fühlt sich die weibliche Studierende vielleicht nicht mehr inkludiert, wenn von der Studentenschaft die Rede ist. Oder? Man muss jedoch klar festhalten, dass es sich bei dem Begriff „der Student“ lediglich um ein maskulines Genus handelt, dabei keinerlei Zusammenhang mit dem eigentlichen Sexus besteht, welcher hier bei der Geschlechterfrage jedoch ausschlaggebend wäre. Ein Blick in den Duden bestätigt diese Vermutung. „Jemand, der an einer Hochschule studiert“, so heißt es. Da ist meiner Meinung nach keinerlei Verknüpfung mit irgendeinem sexusdiskriminierenden Konzept zu finden. Noch nicht überzeugt? Gut. Etymologisch betrachtet kann man das Wort aus dem Mittelhochdeutschen „studente“ oder dem lateinischen Verb „studere“ herleiten. Dies bedeutet Lernender oder lernen/studieren. Man könnte sich nun natürlich an dem „r“ an „Lernender“ stören, wenn wir jedoch das Ganze in den Plural setzen (die Lernenden), dann ist es doch gar nicht mehr so schlimm. Es ist wohl eine Tatsache, dass die Sprache sich weiterentwickeln muss. Sie muss sich den Veränderungen in der Technik, Gesellschaft, Kultur und vielem mehr anpassen, neue Wörter müssen geschaffen, alte, die vielleicht etwas bezeichnen, das es gar nicht mehr gibt, oder einfach jene, welche in dem alltäglichen Sprachgebrauch keinen Platz mehr finden, hingegen müssen aussortiert werden. Dies aber ist ein natürlicher Prozess, der aus der Notwendigkeit der Anpassung entsteht und nicht aus einem Gefühl heraus. Wenn Veränderung in der Sprache erzwungen werden muss, hat sie keine Änderung nötig.

Dies ist natürlich nur ein Beispiel von vielen. Wenn nun darauf bestanden wird, dass man aus dem Studentenwerk ein Studierendenwerk machen muss, damit dann der ganzen Belegschaft (männlich wie weiblich) mehr Arbeit aufhalst und obendrein noch Steuergelder in den Wind bläst, dann hat das nichts mehr mit Rationalität, sondern mit einer rein auf Gefühlen basierenden Entscheidung zu tun. Letztens bin ich auf einen Artikel der „Zeit“ gestoßen, in dem der Redakteur von folgendem Umstand spricht: „Vernunft ist ein Konzept der Vergangenheit. Jetzt kommt die Ära der Emotionen.“ Wenn also jemand von einer gefühlten Ungleichheit spricht, weiß man, woran es möglicherweise fehlt.

Die Wirtschaft, das Geld und die Frau

Neben der Sprache werden oft wirtschaftlich ungleichmäßige Verdienstverteilungen zwischen den zwei bisher relevanten Geschlechtskonzepten angeprangert. Statistisch gibt es durchaus einige Belege, die bei gleichartiger Arbeit eine Diskrepanz zwischen Mann und Frau im Verdienst suggerieren. Ohne nun die Validität, Reliabilität oder Objektivität der Statistiken anzuzweifeln, müssen doch gewisse Dinge bei der Beurteilung beachtet werden. Auf der einen Seite mag es durchaus CEO’s geben, die sich einbilden, eine Frau aufgrund der Tatsache, dass sie schwanger werden kann, eher als Risiko des spontanen Mitarbeiterausfalls betrachten zu müssen. Auf der anderen Seite sind wir aber schon so weit, dass auch die Väter in Elternzeit gehen können, um bei der Erziehung ihres Kindes Anteil zu haben. Dass dann die Frau jedoch nach ihrer langen Zeit außerhalb der ökonomischen Gefilde, sprich nach Jahren, in der die Arbeit nur dem Kinde gewidmet war, bei dem Wiedereinstieg in ein neues Arbeitsverhältnis nicht unbedingt die gleichen Lohnansprüche hat, wie ein gleichaltriger Kollege mit gleichem Bildungsgrad, der aber einige Jahre nun mehr Erfahrung und Leistung in diesem Beruf erbracht hat, ist dann doch nachvollziehbar. Zumal das auch einen Mann treffen würde, wenn er sich denn entscheiden würde nach Jahren als Hausmann, wieder in seinen alten Job einzusteigen. Vor allem aber spricht ein klarer Grundsatz der Wirtschaft gegen sämtliche vermeintlichen Anschuldigungen, dass Frauen im großen Stil in ihren Berufschancen benachteiligt sind. Den Firmen nämlich ist es vollkommen gleichgültig, ob dort nun eine Ansammlung von Testosteron oder Östrogen vor ihnen steht, solange die Qualifikation stimmt. Kein erfolgreiches Unternehmen würde eine gut ausgebildete Fachkraft nur wegen ihres Geschlechts abweisen. Besonders da wir schon seit einiger Zeit einen großen Fachkräftemangel haben. Zumeist in den Feldern der Informatik und Technik sind die Jobaussichten generell als gut zu beurteilen. Wenn sich jedoch in diesem Bereich vorwiegend männliche Kandidaten bewerben, könnt ihr euch ja vorstellen, wie die Einstellungsquoten aussehen.

Der Schlüssel zu Erfolg und Zufriedenheit heißt Eigenleistung

Sich relativ schnell damit abzufinden, dass man bei einem Misserfolg zu Beginn schon keinerlei Chancen hatte, da das System gegen das Individuum gekämpft hat, ist unweigerlich um einiges einfacher, als sich mit den tatsächlichen Gründen auseinandersetzen zu müssen. Ist das gleiche Prinzip, wie in der Schule für eine gute Note zu beten. Beides verlässt sich darauf, dass es eine höhere Macht gibt, die entweder für den Erfolg oder für das Versagen verantwortlich ist. Schiebt man es nun auf Gott, das System, oder auf das andere Geschlecht. Dabei ist es natürlich hilfreich dem Gedanken ein Bild zu geben, damit man weiß, wo man seinen Frust rauslassen muss. Wobei es doch so einfach wäre, neben dem Beten vielleicht auch mal das ein oder andere zu lernen. Die emotional hetzenden Reden, die der reinsten Lust auf Abrechnung geschuldet sind, sind dahingehend der Erkenntnis nur wenig dienlich. Eigentlich müsste man doch nur darüber nachdenken, dass man Mitgefühl und Anerkennung nicht erzwingen kann. Man muss sie sich verdienen. Wie? Indem man voranschreitet aus eigener Kraft, ohne dabei ein Verhalten, eine Einstellung oder gar ein ganzes Geschlecht durch seine Frustration zu stigmatisieren. Neben den tatsächlich realen Problemen, die wir ohne Zweifel noch bekämpfen müssen, gibt es eben auch solche, die man sich selbst schafft. Selbsterfüllende Prophezeiung nennt man dies in der Psychologie. Das Festhalten an einem Gedankenkonzept sorgt für ein dadurch stark beeinflusstes Handeln, das im Endeffekt zu der unbewussten Realisierung des Gedankens führt. Soll heißen, wer sich in einer Opferrolle sieht, begibt sich auch ganz automatisch in eine. Außerdem sollten wir anfangen, uns den wirklich wichtigen Themen zu widmen, anstatt uns in dekadenter Art und Weise in unserem eigens produzierten Mist in vollster Selbstgefälligkeit zu suhlen. Oder weiß mittlerweile jemand, wie man dem Hunger, den schlechten humanitären Verhältnissen und der Ausbeutung durch die Großindustrie in den Dritte-Welt-Ländern begegnen soll?

Der Gentleman in einer Welt voll Gentlewomen

Abschließend soll noch gesagt sein, dass es wirklich eine Schande ist, was durch diese forcierte Stigmatisierungsbewegung zu Grunde geht. Der Gentleman. Er hält die Türe auf, wenn sie doch allzu schwer erscheint. Er zahlt bei einem Zusammentreffen gerne mal die Rechnung. Er sorgt sich um seine Mitmenschen. Er spielt Beschützer. Er geht wahrlich auf in seiner selbstaufopfernden Rolle. Doch wer braucht ihn denn heutzutage noch? Wer sich nun auf dieses Niveau herablässt, sich von ihm helfen zu lassen, würde sich gar als unterdrückt wahrnehmen, wenn seine Hand allmächtig und bedrohlich an dem Türrahmen prangt. Die Rechnungen werden mittlerweile auch lieber getrennt beglichen. Keiner ist gerne finanziell von dem Wohlwollen seines Gegenübers abhängig. Und beschützen kann sich doch nun jeder selbst, oder? Die Schlammschlachten auf Facebook führt man doch zu gerne auf eigene Faust. Nein, die Notwendigkeit eines Wesens, bei dem Mitgefühl, Empathie, Altruismus, aber auch gerne mal eine gesellschaftlich superiore Stellung eine Rolle spielt, ist wegen seines Geltungs- und Anerkennungsdrangs verschwindend gering geworden. Doch wenn wir diesen Drang ablegen und dabei nicht alle anderen positiven Eigenschaften gegenüber unseren Mitmenschen verlieren, dann ist vielleicht noch eine friedliche Einigung zwischen den Geschlechtern möglich. Denn denkt man nur an sich, wird man seiner selbst schnell überdrüssig. Und diese Verdrossenheit frustriert bis hin zum Selbsthass, den wir dann auf andere projizieren. Der wahre Schlüssel ist, nicht unentwegt an die eigenen Umstände zu denken, sondern hin und wieder die Gedanken über die Probleme und Sorgen anderer schweifen zu lassen und diese zusammen zu bekämpfen.